wird im Internetauftritt der Zeitschrift "Science" tatsächlich veröffentlicht. Sie ist DER Beweis für die Existenz des jüdischen Volkes, der neben anderen Studien für politischen Mißbrauch herhalten muß. Sie ist eine Spielart der rassischen Wissenschaft.
Worin besteht der Mißbrauch? Der Mißbrauch besteht darin, daß man (scheinbar) objektive Wissenschaft zum Beweis der eigenen politischen Position mißbraucht, ein in der israelischen Rechten und ihren Anhängern weit verbreitetes Phänomen. Erstens wird geschlußfolgert, daß ein jüdisches Volk besteht, was an sich kein Problem ist. Jeder kann sich in seinem Selbstverständnis zu einer gesellschaftlichen Gruppe zugehörig fühlen, was man niemandem absprechen kann. Jedoch ist der kritische Punkt, daß basierend of solcher "Wissenschaft" eine ethnische und exklusive Kontinuität zwischen dem Volk der alten Hebräer und den heutigen Juden konstruiert wird. Zweitens wird die "Urheimat" dieses "Volkes" in der Levante lokalisiert und daraus der politische Anspruch auf das (Westjordan-)Land oder gar Großisrael abgeleitet. Undifferenzierte Wahrnehmungen mit der Betonung der Objektivität und Exaktheit von "(Natur-)Wissenschaft" lassen sich zu derartigen Interpretationen hinreißen: "For instance, Behar et al.*** showed that about half of Ashkenazi Jews alive today (approx. 8 million) are descendants of just four women, who may have lived 2,000 to 3,000 years ago in the Middle East." Allein sich solchen Themen zu widmen ist ein abstruses Beispiel für Pseudowissenschaft und den Missbrauch von Wissenschaft. Die Schlußfolgerungen, natürlich "objektiv wissenschaftlich belegt", sind zum Teil - nun ja - vollkommen schwachsinnig: z.B. wenn man die "jüdische Abstammung" eines nordamerikanischen Indianderstammes "nachweist". Nicht zu fassen...
Einfachen, unkritischen Geistern mit der entsprechenden politischen Sicht dient solche "Wissenschaft" natürlich als mehr als willkommenes Fressen, um ihre politische Meinung zu "beweisen". Aus ihrer eigenen Unwissenheit und Naivität heraus sind sie natürlich felsenfest von dieser auf "wissenschaftliche" Objektivität gegründete fundamentale Einsicht überzeugt.
Aber so wollen wir doch einhalten und darüber kurz reflektieren:
Gegeben man nimmt die Position der Befürworter ein und hält diese "Analysen" nicht für Quacksalberei. Dann stellt man fest, daß es löblich ist, daß diese Analyse für das "jüdische Volk" gemacht wurde. Nun ist aber das "jüdische Volk" bzw. seine politischen Repräsentanten nicht die einzige Interessengruppe, die Ansprüche auf das Land stellt. - Dabei muß man, um Vollständigkeit der Betrachtung sicherzustellen, bemerken, daß erstens beiweitem nicht alle Juden dieser (sich erst in der Neuzeit als Folge der europäischen Nationalbewegungen im 19. Jhd entwickelten) politischen Idee des jüdischen Volkes anhängen. Und selbst unter den Anhängern dieser Idee leiten nicht alle den oben erwähnten territorialen Besitzanspruch ab. - Es gibt auch noch andere. Da kann der Ginrich mit seinem Allgemeinwissen und geistigen Schärfe glänzen, wie er möchte, aber es gibt sie, auch wenn ihre Anwesenheit an der Stätte ihrer Väter (und Mütter) von manchen mindestens ungern gesehen wird: die Palästinenser. Dann gibt es nebenan auch die Jordanier, die Syrer, die Libanesen etc. - ausnahmslos Ergebnisse ebendieser europäischen Idee.
Der Vollständigkeit halber sollte man dieselbe Analyse auch für diese "Völker" machen. Was sollte dagegen sprechen? Wahrscheinlich wären die Ergebnisse ähnlich: ziemliche Homogenität in der Genausstattung und levantinische Herkunft. Interessant wäre auch ein Vergleich der genetischen Struktur des "jüdischen Volkes" mit der des "palästinensischen Volkes". Frage nun: warum führt niemand diese Analysen durch?
Womöglich würde man derartige (von Manchen politisch nicht gewollte) Ergebnisse finden? Außerdem würde es wahrscheinlich, das Weltbild der (politischen) Genetiker mindestens enorm ins Wanken bringen, wenn man herausfindet, daß die lokalen Palästinenser genausoviel und genausowenig von den alten Hebräern "abstammen" wie die gegenwärtigen Juden? (Das wäre aus geschichtlicher Perspektive nicht abwegig: byzantinische, islamische, europäische, osmanische, europäische Eroberung mit all ihren Zwangsheiraten, Zwangskonversionen und freiwilligen Konversionen etc..) Dann könnte sich die rassische Wissenschaft und ihre Vertreter so richtig austoben und analysieren, daß die Balken brechen: Syrer mit Jordaniern vergleichern und die mit den Libanesen und vielleicht auch den Ägyptern!
Ich fürchte, dann könnte die (auf den ersten Blick geschickte) Idee mit dem "genetischen Beweis" der ethnischen Kontinuität und der Existenz einer ethnischen Gruppe und den daraus abgeleiteten politischen Ansprüchen nach hinten losgehen. Denn wenn viele "Völker" und ethnischen Gruppen des Vorderen Orients irgendwie die gleichen Vorfahren haben und irgendwie auch aus der Region "ursprünglich" stammen, was wird dann die politische Schlußfolgerung davon sein? Man gründet EINEN Staat, nämlich die RVO, die Republik des Vorderen Orients? Oder soll die Uno bei Erdogan anfragen, ob er sich die Restauration des Osmanischen Reiches als (ehemalig) etablierte und funktionierende Verwaltung eines solchen nahöstlichen Staates vorstellen kann? Oder sollte man jeder Gruppe exklusiv ein Stückchen Land zugestehen? Die Uno kommt daher und unterteilt den Vorderen Orient praktischerweise beliebig in eine Reihe von Quadraten und lost danach jedem Quadrat eine ethnische Gruppe zu? Vielleicht gäbe es auch noch andere interessante Ideen...
Was zeigt nun diese Überlegung?
1. Die rassische Wissenschaft, gerecht ausgeführt, führt zu keinem Erkenntisgewinn. Die Schlußfolgerungen nach all den Analysen sind also identisch mit den politischen Forderungen der Gruppen, die schon vor der Untersuchung bestanden.
2. Offensichtlich wird die rassische Wissenschaft, die als unangreifbares politisches Beweismittel ins Feld geführt wird, gegenwärtig diskriminatorisch angewandt, nämlich man kümmert sich vor allem um das "jüdische Volk" und den Rest, der wahrscheinlich rein zufällig vor Ort anwesenden nicht zu diesem Volk gehörenden Individuen, ethnischen Gruppen und Völker, klammert man einfach aus.
Fazit: die rassische Wissenschaft ist nicht nur widersinnig, weil sie von Natur aus rassistisch ist und versucht bzw. benutzt wird politische Standpunkte naturwissenschaftlich-statistisch zu "beweisen", sondern auch, in einer gerechten Vorgehensweise angewandt, vollkommen nutzlos, da man sich im Kreis dreht und danach haargenau wieder dort ist, wo man am Anfang losgegangen ist.
Wen das immernoch nicht überzeugt, den würde ich bitten doch zusätzlich folgende geneto-politische Analysen durchzuführen und die Ergebnisse in den Kommentaren zu diesem Eintrag zu hinterlassen:
a) die geneto-politische Untersuchung der "Wiedervereinigung" Rußlands mit der Ukraine, Polen,Weißrusslands und sämtlichen anderen slawischen Nationen zum Slawischen Bund (SB) mit der Hauptstadt Kiew als Zentrum des "Urslawentums"
b) die geneto-politische Untersuchung der Ansprüche der sibirischen Völker, was einer Aufteilung Rußlands gleichkommt.
c) die geneto-politische Untersuchung der Gründung von Großdeutschland unter "Wiedervereinigung" Österreichs, der Schweiz, Deutschlands, Hollands und Norditaliens - wahrscheinlich würde das schlußendlich auf eine neo-fränkische zentraleuropäische Republik (NFZER) hinauslaufen
d) die geneto-politische Untersuchung der (Wieder-) Angliederung Westpolens und des gesamten Preußens an die so neu gegründete groß-deutsche Republik (da die geneto-politische Urheimat der Ostpreußen halt einmal Ostpreußen ist), warscheinlich sollte man in dieser Studie auch Südchile, Argentiniens und anderer südamerikanischer Staaten berücksichtigen
e) Womöglich kann man mittels der geneto-politischen Analyse auch Beweise für die Errichtung einer Germanischen Demokratischen Republik (GDR) finden
f) Als Endziel sollte mittels geneto-politischer Analyse die Errichtung der sich von Gibraltar bis Bangladesch estreckende Indo-europäischen Bundesrepublik (IEBR) verfolgt werden.
Außerdem würden sich außer-europäische noch eine Reihe zweifellos interessanter Politikansätze auftun...
P.S. Die (sehr interessante Frage) der genetischen bzw. ethnischen Homogenität der alten Hebräer bleibt dabei vollkommen unbeantwortet und komplett außen vor, obwohl es die implizierte Annahme der geneto-politischen Wissenschaft darstellt: die heutige ethnische Gruppe XYZ stammt von einer perfekt homogenen ethnischen Gruppe UVW ab, die an diesem Ort vor x-tausend Jahren existierte. Wenn das Sinn macht...
P.P.S. 15. Mai 2012: und immer werden neue Versuche unternommen, diesen wirren und fehlgeleiteten Ideen Vorschub zu leisten, was verständlicherweise viele Anhänger findet, wenn man wie im Artikel von Jon Entine den "genetischen Beweis" für die überdurchschnittliche Intelligenz und noch viele andere vorzügliche Eigenschaften der "jüdischen Rasse" antreten kann.
Fotos und Impressionen von Kurzreisen durch das Morgenland (Israel, Palästinensische Gebiete etc.). Gedanken und Eindrücke aus weiteren Besuchen im Heiligen Lande. Information und Meinungskampf.
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Mittwoch, 15. Februar 2012
Geneto-politische Wissenschaft
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