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Humanist vielleicht und vielleicht liberal; Menschenfreund im Allgemeinen; reflektierend; angeborener Gerechtigkeitssinn

Montag, 7. Mai 2012

Ethnische Konflikte in Israel

bestehen vor allem in sozialen und gesellschaftlichen Konflikten zwischen verschiedenen Abstammungs- und Kulturgruppen der heutigen jüdischen Bewohner Israels, nämlich den Aschkenasim, den europäisch-stämmigen Juden, will heißen deren Vorfahren für Jahrhunderte bis fast 2 Jahrtausende in Nord-, Mittel- und Osteuropa in der Diaspora lebten und den Mizrahim, deren Vorfahren im Morgenland, im Orient, d.h. vor allem dem arabischen Nordafrika und Nahen und Mittleren Osten, lebten. Die gegenwärtige Lage der äthiopischen Juden in Israel ist ein leider sehr lebendiges Beispiel für die Vielfalt und die Schwere dieser gesellschaftlichen Probleme.

Durch mehrere Artikel der marrokanisch-stämmigen israelischen Soziologieprofessorin Eva Illouz in der Ha-Aretz ist die Diskussion um die langjährig bekannten Konflikte zwischen diesen beiden Gruppen wieder aufgeflammt. Der deutsch-sprachige Beobachter, der dieses für Außenstehende kaum sichtbare und medial kaum addressierte enorme Problem der israelischen Gesellschaft schwerlich wahrnimmt, wird sich denken: wo ist das Problem? Ein mancher mag denken wie der elfte Kommentator:

"11. i dont undertsnd what this crap about...

    alex     17.03.12     17:37 "


Das Problem besteht in den noch immer gültigen Gründungsmythen des Staates Israel, es geht um die neben dem Themenkomplex der Palästinenser mit der Staatsgründung zusammenhängenden vielfältigen Probleme, die eng mit den Phänomenen kultureller Dominanz und Diskriminierung bis hin zum Rassismus verbunden sind, um kulturelle Identität, gesellschaftliche Gleichberechtigung und vor allem die gesellschaftliche Ausrichtung des Staates Israel selbst. Frau Illouz analysiert die gesellschaftliche Stellung und die Wahrnehmung der Mizrahim in Israel mit der in Marokko, Frankreich und der USA und stellt bedenkliche Unterschiede fest.

Für den europäischen/ nicht-israelischen Beobachter eröffnet dieser Themenkomplex eine faszinierende Welt jenseits der tendenziösen und oberflächlichen Medienberichterstattung zu Israel. Zu dieser Welt gehören gesellschaftliche Entwicklungen von Auswanderergruppen, (sich verändernde) kulturelle Identität, (sich veränderte) Wahrnehmung der Geschichte der eigenen kulturellen Gruppe(n), Religionsverständnis, Menschenrechte, Familiengeschichte(n) und vieles andere mehr. Nicht zuletzt eröffnet sie tiefe Einblicke in israelische Innenansichten und die Entwicklung der gegenwärtigen israelischen Gesellschaft.

Das klingt vielleicht wie graue Theorie. Doch einer der Kommentare unter dem Artikel gibt einen exzellenten Eindruck des Problems und seinen Implikationen:

"7. The flaw in the argument

    Logios     17.03.12     15:53

The fact is that the Mizrahim did NOT create the state, even though immigration to the area was not a problem for them. The Ashkenazim were culturally more advanced, and something in the Islamic culture which tends to be very static rubbed off on the Jewish inhabitants. As far as comparison to France, we see another flaw in the argument: 1. If the Mizrahim in France now do as well as the local French, it means their general abilities are comparable; 2. And if Jews do BETTER than typical Americans in the US, it means their general abilities are Superior to the locals; 3. Conclusion: If US and French citizens are of comparable abilities, it follows that Ashkenazic abilities are superior to the Mizrahim's. This conclusion also makes sense from an evolutionary point of view. The Ashkenazim were subject to much more persecution over the ages (by their Christian hosts), and survival of the fittest implied for them that the more intelligent survived, which today shows its effects in the US and Israel. Denial is not only a river in Egypt. P.S. The writer is a Mizrahi, or married to one, as her last name indicates, and I understand her discomfort, but reality has to be recognized. The solution is "intermarriage" between Mizrahim and Ashkenazim in Israel, which fortunately is a common happening today."

Er/ sie (aber höchstwahrscheinlich ein "er" der Schreibweise nach) schreibt über (subjektiv wahrgenommene, vermeintlich "objektiv"/ "logisch" beweisbare/ bewiesene) kulturelle und gesellschaftliche Überlegenheit bestimmter (Teil-) Gruppen über andere, über ein "biologistisches", evolutionäres Verständnis von Gesellschaft und gesellschaftlicher Entwicklung, über unterschiedliche Bedeutung und gar unterschiedliches Wertvollsein, dem unterschiedlichen "Wert" verschiedener gesellschaftlicher Gruppen!! Genau um diese Grundidee geht es der Autorin in diesem und ihren anderen Beiträgen.

Die "logische" Schlußfolgerung ides Kommentators ist: "Ashkenazic abilities are superior to the Mizrahim's". Und was ist die Lösung des Problems? "The solution is "intermarriage" between Mizrahim and Ashkenazim in Israel" - um die genetische Ausstattung der degenierten mizrahischen Juden zu "verbessern". Das sollte den verantwortungs- und geschichtsbewußten Deutschen an das unheilige Dritte Reich und vor allem dessen ideologische Grundlage erinnern. Und nichts anderes ist es. Jedoch genießt diese Idee in verschiedenen Zusammenhängen dem Judentum und der politischen Idee des Zionismus eine gewisse, v.a. unheilige Verbreitung. Natürlich ist die Idee und die Schlußfolgerungen aus ihr in verschiedenen Schärfen und Ausmaß ausgeprägt, dennoch handelt es sich um die gleiche Grundidee.

Diese Idee wird (noch immer) von einigen Menschen ernst genommen und als "objektive" Wahrheit akzeptiert und verteidigt, obwohl ich, in einem anderem Zusammenhang, noch über sie gespottet habe. Jedoch sollte man diese Idee als verantwortungsvoller Erdenbürger (unabhängig von ihrem jeweiligen spezifischen Kontext und den daraus abgeleiteten Interpretationen und Einsichten) bekämpfen, da sie in ihrem Kern den Keim für viel Unrecht, Gewalt und Vernichtung trägt, wie in den letzten 150 Jahren mehr als genug bewiesen.

Unter diesem Artikel befindet sich ein weiterer interessanter Kommentar:
"10. 1950's Canada

    Arnold-Canada     17.03.12     16:36

I am 2nd generation Ashkenazi Jew born in Montreal. In the 50's there was the beginning of the migration of Sephardic Jews into Canada. I admit finding fault with the new immigrants. But the fault was mine not theirs. They were of a different mindset. We actually called them 'Arabs" Jewish but with a middle eastern arab mindset. Again our problem not theirs. Today there is still the slightest mindset differences but their is total respect for one another and mingling of marriages and families. We do not kill each other as per the Sunni / Shia peoples. Israel will be the stronger as both groups become one."

der, bis auf die letzten beiden Sätze, den Verlust kultureller Identität, der - positiv gesehen - als "Anpassung"/ Integration daher kommt, anspricht. Aber das steht auf einem anderen Blatt, obwohl es auch einen Aspekt des Problemkreises darstellt, den die Autorin analysiert.

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