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Humanist vielleicht und vielleicht liberal; Menschenfreund im Allgemeinen; reflektierend; angeborener Gerechtigkeitssinn

Dienstag, 13. März 2012

Vernichtetes Palästina

Es ist ein Aspekt, der kaum in den Medien Aufmerksamkeit findet, der dem sich mit dem Heiligen Land beschäftigendem und dieses bereisenden jedoch irgendwann auffällt: die Vernichtung arabischer (und dabei vor allem arabisch-muslimischer) Siedlungsspuren und Heiliger Orte. Im Verlaufe des israelischen Unabhängigkeitskrieges, der von den Palästinensern als die Nakba erinnert wird, und in der Zeit danach ist im Heiligen Land viel Unrecht geschehen. Nicht nur wurden hunderttausende Palästinenser vertrieben, auch die von Ihnen hinterlassenen Siedlungsspuren wurden größtenteils entfernt, um nicht an die Vertreibungen zu erinnern und sie aus dem nationalen Gedächtnis Israels zu entfernen. Darüber wurde ein Buch verfaßt (Raz Kletter: Just Past? The Making of Israeli Archaeology). Es gibt wenige Kriege, die ohne zum Himmel schreiendes Unrecht und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durchgeführt werden. Doch entschuldigt diese Feststellung nichts. Und noch immer hat die Politik und die öffentliche Meinung in Israel nicht die Distanz zur Geschichte des Landes, um dieses Unrecht einzugestehen. Nationale Israelis und ihre Parteigänger leugnen diese Vorkommnisse (immernoch) oder argumentieren mit kruden Theorien und Behauptungen, das Land sei leer damals gewesen etc. etc.... Es ist natürlich sehr "unglücklich", daß gerade die Geschichte des Staates Israel mit einem folgenschweren Unrecht begann, dessen erhebliche Nachwirkungen noch Jahrzehnte danach noch deutlich wahrnehmbar sind.



Spuren von diesem Unrecht finden sich schnell. Dazu muß man sich nicht einmal in Israel bewegen, sondern das Internet reicht aus, v.a. die englischsprachige Wikipedia enthält reichhaltige Informationen und viele Fotos dazu. Zum Beispiel für die Stadt Aschkelon findet sich ein kurzer Abschnitt, der die Bedeutung des Ortes für Ismaelis und Sunniten andeutet. Auch der Kampf und die Vertreibung um und von Lydda und Ramla werden ausführlich behandelt. Besonders die Gegend um Tel Aviv hat viele solcher Geschichten zu erzählen, zum Beispiel Javne (Yavne) und Jibna (Yibna), Jasur (Yazur) und Jaffa oder Wadi Hunain. Die englische Wikipedia enthält eine vollständige Liste der Orte, in denen Vertreibungen stattfanden, die einen interessanten Ausgangspunkt für umfangreiche Recherchen darstellt. Auch die geschichtsverfälschende Behauptung, daß "palästinensisch" ein neulich erfundener Begriff wäre, entkräftet sich bei der Recherche. Und natürlich fragen die Palästinenser mit Recht, warum gerade sie unter der Gründung des israelischen Staates derart zu leiden hatten. Was hatten sie mit Juden (von Jischuw abgesehen) und mit Zionisten zu tun? Die Koexistens war einigermaßen friedlich bzw. zumindest nicht gewalttätiger als sonst in der Welt im Zusammenleben verschiedener Religionen (oder Denominationen) und Ethnien. Scharmützel gab und gibt es immer ab und an: zwischen Moslems und Hindus, zwischen Katholiken und Protestanten, zwischen Christen und Juden, zwischen Christen und Moslems, zwischen Schiiten und Sunniten, zwischen Sunniten und Aleviten, zwischen Fatimiden und Sunniten, zwischen Christen und Hindus etc., etc..

Natürlich erliegen nicht alle Israelis dieser peinlichen politisch motivierten Geschichtsschreibung. Einige predigen diese Weltsicht, vielen ist die arabische Vergangenheit (ohne böswillig sein zu wollen) komplett egal und wenige sind sich der Verantwortung des israelischen Staates bewußt und pflegen einen offensiven, ehrlichen und dem Gedenken verpflichteten Umgang mit der Geschichte. Es finden sich im Netz zwei Plattformen, die sich mit diesem Thema beschäftigen: eine palästinensische (Palestine remembered) und eine israelische (Zochrot).

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