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Humanist vielleicht und vielleicht liberal; Menschenfreund im Allgemeinen; reflektierend; angeborener Gerechtigkeitssinn

Samstag, 29. Dezember 2012

Weihnachtssegen des Papstes in 65 Sprachen (u.a in Hebräisch)

Am 25. Dezember eines jeen Jahres verließ der Papst seinen Segen Urbi et Orbi und danach den Weihnachtssegen in 65 Sprachen. Hier kann man die Verlesung von 2012 sehen und hören.

Als ich diese Verlesung hörte, die v.a. auf Italienisch stattfindet und die Weihnachtsgrüße in den 65 Sprachen hörte, begann ich mich zu wundern und zwar darüber, daß diese Liste nur 65 Sprachen beinhaltete, die in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet waren. Bei einer Recherche im Netz gelang es mir weder die Liste der 65 Sprachen noch die konkreten Weihnachtsgrüße in jeder von ihnen zu finden. Also höre ich die Verkündigung der Grüße nochmals in Youtube, und schrieb sie auf. Die folgende Liste enthält also die vollstänige Anzahl der Sprachen in der vom Papst gewählten Reihenfolge.

Nr. Sprache Kontinente Anzahl Länder Amtssprache Anzahl Sprecher (Mio) (Muttersprachler und Zweitsprecher)
1 Italienisch Europa 1 70
2 Französisch Europa, Afrika 29 200
3 Englisch Nordamerika, Afrika. Europa, Südostasien, Ozeanien 58 1000
4 Deutsch Europa 6 170
5 Spanisch Nordamerika, Südamerika, Europa 22 450
6 Portugiesisch Südamerika, Europa 10 240
7 Niederländisch Europa 6 26
8 Luxemburgisch Europa 1 0,4
9 Griechisch Europa 2 13
10 Albanisch Europa 2 7,5
11 Rumänisch Europa 2 34
12 Ungarisch Europa 1 15
13 Polnisch Europa 1 46
14 Tschechisch Europa 1 12
15 Slowakisch Europa 2 6
16 Kroatisch Europa 3 7
17 Slowenisch Europa 1 2
18 Serbisch Europa 7 10
19 Serbokroatisch Europa 5 22
20 Bulgarisch Europa 1 10
21 Mazedonisch Europa 1 2
22 Weißrussisch Europa 1 8
23 Russisch Europa 9 400
24 Kasachisch Asien 1 11
25 Mongolisch Asien 1 6
26 Ukrainisch Europa 1 45
27 Litauisch Europa 1 3,2
28 Lettisch Europa 1 2,2
29 Estnisch Europa 1 1,1
30 Finnisch Europa 1 6
31 Schwedisch Europa 2 10
32 Isländisch Europa 1 0,3
33 Irisch Europa 1 1,6
34 Romanes Europa 0 6
35 Maltesisch Europa 1 0,3
36 Georgisch Europa 1 5
37 Türkisch Asien 2 85
38 Arabisch (4:56) Afrika, Asien 25 300
39 Äthiopisch-Eritreisch Afrika 2 20
40 Hebräisch (5:06) Asien 1 6
41 Aramäisch Asien 0 0,5
42 Armenisch Europa 1 7
43 Kisuaheli Afrika 3 80
44 Kirundi und Kiyarwanda Afrika 2 15
45 Margaco??


46 Hindi Asien 2 300
47 Tamil Asien 3 70
48 Malayalam Asien 1 33
49 Bengalisch Asien 2 215
50 Burmesisch Asien 1 35
51 Urdu Asien 2 200
52 Chinesisch Asien 3 1200
53 Japanisch Asien 1 130
54 Koreanisch (6:32) Asien 2 80
55 Vietnamesisch Asien 1 95
56 Singhalesisch Asien 1 16
57 Thailändisch Asien 1 80
58 Indonesisch/ Malaiisch (7:04) Asien 3 200
59 Kambodschanisch Asien 2 16
60 Filipino Asien 1 70
61 Maori Ozeanien 1 0,15
62 Samoanisch Ozeanien 2 0,4
63 Esperanto Kunstsprache 0 2
64 Guarani Südamerika 4 5
65 Latein (7:50) Tote Sprache 1 weniger als 1

Wenn man sich diese List durchliest, dann treten zwei Fragen hervor:
1. Warum wurden unter den ca. 7000 Sprachen dieser Erde gerade diese 65 ausgewählt?
2. Warum wurden diese 65 Sprachen genua in diese Reihenfolge gesetzt? Welcher Logik folgt diese Folge?

Hinsichtlich der ersten Frage läßt sich schnell feststellen, daß für einige Sprachen ist die Auswahl offensichtlich ist, denn sie sind Sprachen, die weltweit stark verbreitet, mit mehreren hundert Millionen Sprechern oft gesprochen werden und viele der Sprecher der Katholiken sind. Dies trifft für Französisch, Englisch, Deutsch, Portugiesisch zu, die an 2. bis 6. Stelle erwähnt wurden. Italienisch gehört zwar nicht dazu, doch da der Vatikan mitten in Italien liegt, hat man diese Sprache an erste Stelle gesetzt, da auch die Predigt und (fast) alle anderen Verkündigungen in ihr verfaßt wurden. Warum kommt aber dann Russisch erst am 23. Stelle, Arabisch an 38., Hindi an 46. und Bengalesisch, Urdu, Chinesisch und Indonesisch unter ferner liefen? Filipino als die Sprache der sehr katholisch geprägten Philippinen (ca. 65 Mio. Katholiken) folgt erst an 60. Stelle. Also kann weder die Anzahl der katholischen Sprecher jeder dieser Sprachen, noch die absolute Sprecheranzahl oder die Verbreitung der Sprachen über verschiedene Länder (3. Spalte der Tabelle) maßgebend gewesen sein. Man könnte nun noch versuchen, die Anzahl der Katholiken pro Sprache herauszufinden, was jedoch durch die sehr späte Position von Filipino auch nicht das maßgebliche Kriterium gewesen sein kann.

Auffällig ist allerdings, daß sage und schreibe 37, d.h. mehr als die Hälfte der 65 Sprachen, Sprachen sind, die entweder in Europa beheimatet sind oder von dort in die Welt hinausgegangen sind. Es folgen vier afrikanische und 18 asiatische Sprachen, darauf zwei ozeanische Sprachen mit sehr geringer Sprecheranzahl, eine Kunstsprache, eine südamerikanische Regionalsprache und Latein. Außerdem fällt auf, daß der Papst auch Sprachen berücksichtigt, die nicht nur weniger Sprecher haben, sondern von denen außerdem sehr weniger Katholiken sind. Türkisch und Arabisch sind große Sprachen, auch wenn nur wenige Katholiken sie sprechen, obgleich es doch türkische und v.a. arabische Christen/ Katholiken gibt (zur Lage der morgenländischen Christen habe ich viel in diesem Blog geschrieben, einfach die Suchfunktion oben rechts benutzen).

Eine große Sprache, die dagegen fehlt - wenn auch wenige Christen sie sprechen (aber sicherlich kaum weniger als Urdu sprechen) -, ist das Persische, das von mehr als 100 Mio Menschen im Morgenland gesprochen wird. Dagegen verkündet der Papst die Weihnachtsbotschaft in Aramäisch, was noch verständlich ist, da diese Sprache v.a. von vorderasiatischen Christen gesprochen wird und sie auch die in der Region dominante Sprache aus der Anfangszeit des Christentums war, und v.a. auch in Hebräisch! Süamerikanische Regionalsprachen wie Aymara oder Quechua, die auch von ca. 2 bzw. 10 Mio Sprechern gesprochen werden, erwähnt der Papst nicht. Auch das Mapundungun, das mehr Sprecher als z.B. das an 35. Position genannte Maltesische aufweist, wurde nicht berücksichtigt. Dies überrascht sehr, daß die wichtigen indigenen Sprachen des amerikanischen Kontinents keine Berücksichtigung fanden, obwohl der Heilige Stuhl offensichtlich jeglich einigermaßen relevante europäische Sprache berücksichtigte.

Aber warum erwähnt man die Weihnachtsbotschaft in Hebräisch? Hebräisch? Die ca. 5 Millionen Hebräischsprecher, die in Israel leben und die Sprache als Muttersprache beherrschen (die israelischen Araber sprechen sie nur, wenn überhaupt, als Zweitsprache), sind sicherlich zu 99,9% weder katholisch noch sonst irgendwie christlich, sondern jüdisch. Das scheint aber eigenartig zu sein! Ja, es gibt allerdings eine verschwindend kleine Gruppe von messianischen Juden, die in Israel leben, aber nach Wikipedia beläuft sich deren Zahl auf maximal 15.000 (in den USA jedoch auf 250.000). Von denen sprechen die meisten wahrscheinlich auch noch Russisch, da viele von Ihnen aus der ehemaligen Sowjetunion eingewnadert sind. Also wegen sage und schreibe höchstens 15.000 Seelen verkündet der Papst, der weltweit mehr als einer Milliarde Gläubigen vorsteht, den Weihnachtsgruß auf Hebräisch? Das ist nicht überzeugend. Eine überzeugendere Begründung dafür, daß er auch Hebräisch berücksichtigt, dagegen ist - unabhängig davon, was man davon halten mag -, die Judenmission, d.h. der Bekehrung der Juden zum römisch-katholischen Glauben.

Der gegenwärtige Papst scheint einigen Wert darauf zu legen. So wie es auch unter ihm seit 2008 im Karfreitagsgebet wieder benannt wird: "...Lasst uns auch beten für die Juden. Dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen...". In diese Linie paßt, daß das nachsynodale Apostolische Schreiben des gegenwärtigen Papstes "Ecclesia in Medio Oriente" zur außerplanmäigen Versammlung der Bischofssynode zum Thema der Kirche im Nahen Osten, erstmals auf Hebräisch veröffentlicht wurde, was klar auf eine jüdische Leserschaft innerhalb Israels abziehlt (hier das Dokument in seiner hebräischen Fassung).

Also scheint die Auswahl dieser 65 Sprachen, in denen der päpstliche Weihnachtssegen verkündet wird, gewissen - wenn auch religiös fundierten, so doch - religionspolitischen bzw- -strategischen Erwägungen zu folgen, mit denen die gegenwärtige Politik und Weltsicht des Vatikans in die Welt hinausgetragen werden soll. Das ist eine interessante Einsicht. Die Reihenfolge scheint dagegen eher beliebig festgelegt worden sein. Wenn man sich die Reihung der Kontinente anschaut, so scheint ein päpstlicher Mitarbeiter einfach von Rom aus zuerst in nordwestlicher, dann in südöstlicher Richtung Europa abgegrast zu haben, um dann über Zentralasien einen Bogen in nordwestlicher und schließlich westlicher Richtung zu schlagen und sich über den Kaukasus und Kleinasien über die Levantine nach Ostafrika vorzuarbeiten, dann östlich nach Hinterindien zu springen und sich weiterhin östlich vorzuarbeiten, bis man etwa in der Mitte Südamerikas die Weltkarte abgehakt hatte. Vielleicht haben Quechua und Aymara einfach nicht mehr in die Liste gepaßt... und Persisch scheint man schlicht vergessen zu haben. Diese Logik scheint anhand der Realität die plausibelste zu sein.

Weitere Links dazu:
Liste der Amtssprachen
Liste der Sprachen nach Anzahl von Ländern
Liste der Sprachen nach Anzahl der Muttersprachler
Liste der Sprachen nach Gesamtsprechernzahl

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